Einführung
Städte spielten beim wirtschaftlichen Erfolg Europas schon immer eine wichtige Rolle. Aufgrund des besonderen Beitrags, den sie zu Wachstum und Beschäftigung leisten können, nehmen städtische Gebiete nun einen der obersten Plätze auf der politischen Tagesordnung der EU ein. Die fundamentale Bedeutung städtischer Gebiete wurde in einer Reihe hochrangiger Dokumente von allen drei EU-Institutionen sowie von allen aufeinanderfolgenden EU-Präsidentschaften festgestellt. Es besteht größtmögliche Übereinstimmung, dass städtischen Gebieten mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden muss, wenn die EU ihre langfristigen Zielsetzungen erreichen will, einschließlich des Ziels der wettbewerbsfähigste und dynamischste wissensbasierte Wirtschaftsraum der Welt zu werden.
80 % der EU-Bevölkerung wohnt in Städten und unmittelbar umliegenden Gebieten. Auch die meisten Universitäten und Forschungseinrichtungen sowie Arbeitsplätze und hochqualifizierte Arbeitskräfte befinden sich in Städten und machen städtische Regionen deshalb zum Motor für Wachstum und Beschäftigung. Sie sind das Fundament einer modernen wissensbasierten Wirtschaft und spielen eine entscheidende Rolle bei der Gewinnung qualifizierter Arbeitskräfte. Es gibt keine erfolgreiche Region mit erfolglosen städtischen Ballungszentren in der EU. Paradoxerweise haben Städte jedoch auch unschöne Seiten. Sie sind oft soziale Unruheherde, die mehr unter hohen Kriminalitätsraten, Arbeitslosigkeit, Mangelwirtschaft, sozialen Ungleichgewichten und Umweltverschmutzung zu leiden haben als ländliche Gebiete. Die Regionalpolitik hat durch Beihilfen zur Verbesserung von Transportinfrastrukturen, Abwasserkläranlagen und Projekten zur Erhöhung der Energieeffizienz (um nur einige Beispiele zu nennen) in erheblichem Maße zur Sanierung von städtischen Gebieten beigetragen. Im Zeitraum 2007-2013 wird noch mehr Augenmerk auf die städtischen Gebiete gelegt. Städtische Initiativen werden nun in etablierte operative Programme, die das Gros der Mittel erhalten, integriert.
Die gesteigerte Bedeutung städtischer Regionen
"In der erneuerten Kohäsionspolitik für den Zeitraum 2007-2013 spielen Städte eine wichtige Rolle, da sie eine fundamentale Bedeutung für die Entwicklung der europäischen Wirtschaft haben. Ein Großteil der Arbeitsplätze, Unternehmen und Hochschuleinrichtungen konzentriert sich in Städten und städtischen Regionen (60 % der EU-Bevölkerung lebt in Städten mit mehr als 5000 Einwohnern.). Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die Städte der Motor des regionalen, nationalen und europäischen Wachstums sind. Diese Rolle wird sich noch verstärken, da die Hauptantriebskräfte für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit in den Städten zu finden sind. Dies ist der Grund, weshalb wir in der neuen Generation von Kohäsionsprogrammen die städtische Dimension verstärkt haben. Wir brauchen Städte und städtische Gebiete, die in einer guten Verfassung sind und ihre Ressourcen innovativ und vorausschauend nutzen.“
EU-Kommissarin für Regionalpolitik, Danuta Hübner, 27. April 2007
Was ist die ‘städtische Dimension’?
Die ‚städtische Dimension’ ist Ausdruck des Bewusstseins, dass Städte und städtische Regionen nach einem besonderen Platz in der Regionalpolitik der EU sowie in allen wachstums- und beschäftigungspolitischen Maßnahmen verlangen. Städtische Regionen sind die Knotenpunkte der EU in Bezug auf Wissen und Innovation. Sie haben einen höheren Anteil an AkademikerInnen als die umliegenden Regionen und, was wenig verwunderlich ist, auch ein höheres durchschnittliches Einkommensniveau. Zudem schafft jeder zweite in einer städtischen Region geschaffene Arbeitsplatz einen weiteren Arbeitsplatz in einer nicht-städtischen Region, weshalb den Städten eine so zentrale Bedeutung im allgemeinen wirtschaftlichen Wachstum zukommt. Städte sehen sich jedoch auch besonderen Herausforderungen gegenübergestellt.
Während einige Städte (insbesondere in Mittel- und Osteuropa) an Verkehrsüberlastung und unzureichenden Kapazitäten im öffentlichen Sektor leiden, haben andere mit Bevölkerungsschwund zu kämpfen. Während Städte im Allgemeinen reicher sind als nichtstädtische Gebiete, leiden sie auch in hohem Maße an räumlichen und sozialen Disparitäten. Manche Stadtteile sind gleich in mehrfacher Hinsicht von Mangel und Unterversorgung gekennzeichnet, z. B. mangelhafter Wohnraum, schlechte Umweltbedingungen, mangelhafte Gesundheitsversorgung, unzureichende Bildungseinrichtungen und Beschäftigungschancen sowie hohe Kriminalitätsraten.
Dass die EU in den vergangenen Jahren vermehrtes Augenmerk auf die städtischen Gebiete gelegt hat, ist aus folgenden Initiativen ersichtlich:
- Seit 2002 führt die Europäische Kommission ein permanentes ‘Urban Audit’ in Europas städtischen Gebieten durch. Es erfasst Hunderte von Städten anhand von mehr als 300 Indikatoren. Das ‘Urban Audit’ ist ein hilfreiches städtisches Entwicklungsinstrument. Es ist kostenlos und online erhältlich (siehe Links).
- Im Oktober 2005 verabschiedete das Europäische Parlament vor dem Hintergrund der EU-Erweiterung einen eigenen Initiativbericht (2004/2258(INI)) zur städtischen Dimension. Es bringt darin seine Überzeugung zum Ausdruck, dass „Städte und städtische Ballungszentren, einschließlich kleiner und mittlerer Städte, eine zentrale Rolle bei der Erreichung der erneuerten Lissabon- und Göteborg-Ziele spielen müssen“.
- In ihrer Mitteilung ‚Die Kohäsionspolitik und die Städte: Der Beitrag der Städte zu Wachstum und Beschäftigung in den Regionen’ (KOM (2006) 385) stellte die Kommission im Jahr 2006 vier Kernbereiche heraus, auf die in städtischen Gebieten mehr Aufmerksamkeit gelegt werden muss:
- Verkehr, Erreichbarkeit und Mobilität;
- Zugang zu Diensten und Einrichtungen;
- Natürliche und physische Umwelt;
- Kultur.
Die Kommission machte im Rahmen dieser vier Hauptpunkte 60 Vorschläge, wie die EU und ihre Mitgliedstaaten und Regionen zur Entwicklung wirtschaftlich wettbewerbsfähiger sowie sozial kohäsiverer und nachhaltiger Städte beitragen können.
- Im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft unterzeichneten die Mitgliedstaaten im Mai 2007 auch die Leipzig-Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt. Sie gibt den EU-Maßnahmen zur Verbesserung der städtischen Gebiete zusätzlichen Schwung.
Welche Rolle spielt die Regionalpolitik in der städtischen Dimension?
Zusätzlich zu den oben erwähnten Maßnahmen, spielt die Regionalpolitik eine eigenständige Rolle im Bereich der Stadterneuerung. Die Gemeinschaftsinitiative URBAN förderte im Zeitraum 1994-2006 die Schaffung und Umsetzung von innovativen integrierten Entwicklungsmodellen für die wirtschaftliche und soziale Erneuerung. Für den Zeitraum 2007-2013 wird das Programm URBAN im Rahmen des Konvergenzziels und des Ziels Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung in die etablierten operativen Programme der Regionalpolitik integriert. Dies hebt nicht nur den Stellenwert der städtischen Maßnahmen, es werden auch der Europäische Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE), der Europäische Sozialfonds (ESF) und der Kohäsionsfonds in die Aktionen zur Stadterneuerung eingebunden.
Außerdem ist ein kompletter Abschnitt der Strategischen Gemeinschaftsleitlinien zur Kohäsion (welche als Orientierungshilfe für die Mitgliedstaaten bei der Erstellung ihrer nationalen strategischen Rahmenpläne dienen) der Rolle der Städte und städtischen Gebiete bei der Förderung von Wachstum und Arbeit gewidmet. Drei grundsätzliche Arten von stadtspezifischen Maßnahmen und Aktionen, die von Regionalfondsmitteln der EU profitieren können, werden behandelt:
- Maßnahmen, die die Städte als Motor der regionalen Entwicklung fördern (Verbesserung von Wettbewerbsfähigkeit, Unternehmergeist, Innovation und Anziehungskraft für hoch qualifizierte Arbeitskräfte);
- Maßnahmen, die den inneren Zusammenhalt städtischer Gebiete fördern, indem sie sich auf die Verbesserung von ‚Krisengebieten’ konzentrieren (Sanierung der baulichen Umgebung, Erneuerung von öffentlichen Einrichtungen und Gewerbegebieten sowie planvolle Maßnahmen zur Verbrechensprävention);
- Maßnahmen, die eine ausgeglichenere und polyzentrischere städtische Entwicklung fördern, indem sie städtische Netzwerke auf europäischer und nationaler Ebene aufbauen und Verbindungen zwischen den wirtschaftlich stärksten Städten und anderen Ballungszentren herstellen.
Um Innovation im Bereich der städtischen Erneuerung noch stärker zu fördern, finanziert die Kommission auch im Rahmen des Ziels Territoriale Zusammenarbeit das Netzwerk URBACT II, das die Ermittlung, Weitergabe und Verbreitung vorbildlicher Verfahren zum Ziel hat. Es basiert auf dem ursprünglichen Programm URBACT, das von 2002 bis 2006 durchgeführt wurde. Mit seiner Hilfe konnten Städte, die Pilotprojekte im Rahmen der URBAN-Programme ausgerichtet hatten, ihre Erfahrungen untereinander austauschen. URBACT II wird allen Regionen offen stehen und Teil der Vorzeigeinitiative ‚Regionen für den wirtschaftlichen Wandel’ sein.
Die Kommission hat mit JESSICA auch ein neues Instrument zur Verbesserung des Zugangs zu Risikokapital für städtische Regionen eingerichtet. JESSICA steht für ‘Joint European Support for Sustainable Investment in City Areas’. Es ist eine gemeinschaftliche Initiative von Kommission, Europäischer Investitionsbank (EIB) und Entwicklungsbank des Europarates (CEB). Ihr Ziel ist die verstärkte Bereitstellung von Mitteln für Investitionen in städtischen Gebieten.
Ein Nebeneffekt der durch die Regionalpolitik eingerichteten Strukturen ist eine bessere Regierungsführung und ein strategischerer Ansatz zur Stadterneuerung.
Links
Webseite der GD REGIO zur städtischen Dimension der Gemeinschaftspolitik ec.europa.eu/regional_policy/sources/docgener/guides/urban/index_de.htm
Mitteilung der Kommission (KOM (2006) 385 endgültig) ‚Die Kohäsionspolitik und die Städte: Der Beitrag der Städte zu Wachstum und Beschäftigung in den Regionen’ ec.europa.eu/regional_policy/consultation/urban/com_2006_0385_de.pdf
Entschließung des Europäischen Parlaments zur städtischen Dimension im Zusammenhang mit der Erweiterung (2004/2258(INI))
www.europarl.europa.eu/sidesSearch/sipadeMapUrl.do
‘Urban Audit’-Webseite der GD REGIO (en)
www.urbanaudit.org/index.aspx